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Benjamin

 

30.12.1995 - 31.12.1995

Wir waren gesegnet mit zwei gesunden Kindern, zwei Knaben, damals 6 und 8 Jahre alt. Mein Mann war sehr zufrieden mit nur diesen zwei Kindern, doch ich sehnte mich nach einem weiteren Kind. Ich betete für ein weiteres Kind, doch als allererstes betete ich darum, dass Gottes Wille geschehe. Ich wusste, dass Gott meinen Mann ändern könnte, wenn es sein Wille ist, dass wir ein anderes Kind haben. Als ich trotz unserer üblichen Verhütung schwanger wurde, fühlte ich, es müsse Gottes Wille sein. Ich fühlte auch, dass Gott das Herz meines Mannes besser kennen musste als er selber, und dass mein Mann dies eines Tages verstehen würde.

In der zwanzigsten Schwangerschaftswoche wurde während eines Routineultraschalls Anenzephalie diagnostiziert. Jetzt verstand ich nicht mehr, weshalb Gott uns mit einem Kind segnen wollte, um es uns wieder wegzunehmen. Der Arzt informierte uns über die Möglichkeiten, die wir nun hatten. Darüber hatte ich noch nicht mal nachgedacht. Ich sagte ihm sofort, ich wolle nicht abtreiben. Meine beste Freundin hatte vor 3½ Jahren ein Baby mit Anenzephalie bekommen. Sie hatte ihr Baby ausgetragen, und ich wusste, ich hätte dasselbe gemacht.

Mein Mann unterstützte mich zu hundert Prozent. Mit vielen anderen beteten wir beide um ein Wunder. Wir bekamen viel Unterstützung von unserer Familie, unseren Freunden, unserer Kirchgemeinde und von meinem Arzt. Vorher dachte ich oft daran, wie wütend Gott über alles Böse dieser Welt sein musste. Doch als ich das erlebte, dachte ich, wie sehr Gott sich in der Liebe und dem Mitgefühl seines Volkes gefallen musste.

Der Ultraschall zeigte uns auch, dass wir einen Knaben erwarteten, wir gaben ihm den Namen Benjamin. Auch wenn ich für ein Wunder betete, so wusste ich doch, dass Benjamin Gott gehörte. Ich konnte die ganze Situation Gott übergeben, und betete, dass sein Wille geschehe. Auch wenn es die härteste Zeit meines Lebens war, so fühlte ich doch, dass Gott mich durch alles hindurch trug.

Meine Schwangerschaft an sich verlief ziemlich angenehm. Benjamin war sehr aktiv. Ich liebte es, ihn so lebendig in mir zu spüren, wie er wuchs.

Als sich das Ende des neunten Monats näherte, hatte ich gemischte Gefühle. Ich war es leid, schwanger zu sein, doch ich wusste auch, dass ich die Lebensader meines Babys war.

Ich wollte keine eingeleitete Geburt, wie es oft der Fall ist bei Babys mit Anenzephalie. Ich wollte auch so viele Stunden wie möglich haben, um Benjamin zu lieben und in meinen Armen zu liebkosen. Meine Freundin hatte 5½ Stunden mit ihrem Baby, ich hoffte, ich würde mindestens genauso viel haben.

Gott ist gut. Die Wehen gingen zwei Tage nach dem Geburtstermin von alleine los. Nach vier Stunden ging ich in's Krankenhaus, der Muttermund war schon 6 cm geöffnet. Dreieinhalb Stunden später, um 18.22 Uhr, kam Benjamin zur Welt. Er wog 3600 g und war 48 cm lang. Die Geburt verlief nicht schlecht, doch die Entbindung war etwas schwieriger als bei meinen zwei anderen Babies.

Ich konnte ihn fast sofort halten. Er war so wundervoll. Mit seiner kleinen Mütze sah er völlig normal aus, abgesehen von der Farbe. Wir erlaubten es der nahen Familie ihn zu halten, auch unseren zwei grossen Kindern. Ihn zu kennen, hiess ihn zu lieben. Er war etwas Besonderes. Er machte süsse kleine Geräusche und hat sogar einmal die Zunge herausgestreckt.

Wir machten sehr viele Fotos. Wir hatten auch eine spezielle Knete, um seine Hand- und Fussabdrücke festzuhalten, zusammen mit seinem Namen und dem Geburtsdatum. Dies ist ein solcher Schatz.

Da es schon spät war, ging unsere Familie nach Hause. So hatte Benjamin seinen Vater und seine Mutter ganz für sich alleine während der letzten Stunde seines Lebens. Gott nahm in kurz nach Mitternacht zu sich. Er lebte etwas mehr als 5½ Stunden.

Auch wenn ich vieles noch nicht verstehe, so weiss ich, dass Benjamin einen Einfluss auf das Leben vieler Leute hatte. Wir bekamen verschiedene Kommentare von den Krankenschwestern des Krankenhauses. Eine Krankenschwester schrieb uns einen Brief, indem sie uns sagte, wie Benjamin ihr Leben verändert hatte.

Ich vermisse ihn sehr, doch ich weiss, ich werde nur für eine kurze Zeit von ihm getrennt sein, verglichen mit der Ewigkeit. In einer Weise denke ich auch, dass er gesegnet wurde, dass er diese Welt des Kampfes und des Schmerzes nicht erleben musste. Er ging direkt in den Himmel..

In Jesus' Liebe

Cindi

 

Aus dem Amerikanischen übersetzt mit Erlaubnis der Anencephaly Support Foundation

 

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 22.02.2019